HOME TOP UP PREV NEXT 1 2 3 4 5 6 ENGLISH MAP Logisch-philosophische Abhandlung 4.46
In dem einen Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten der Elementarsätze wahr. Wir sagen, die Wahrheitsbedingungen sind tautologisch.
Im zweiten Fall ist der Satz für sämtliche Wahrheitsmöglichkeiten falsch: Die Wahrheitsbedingungen sind kontradiktorisch.
Im ersten Fall nennen wir den Satz eine Tautologie, im zweiten Fall eine Kontradiktion.
Die Tautologie hat keine Wahrheitsbedingungen, denn sie ist bedingungslos wahr, und die Kontradiktion ist unter keiner Bedingung wahr.
Tautologie und Kontradiktion sind sinnlos.
(Wie der Punkt von dem zwei Pfeile in entgegengesetzter Richtung auseinandergehen.)
(Ich weiß z.B. nichts über das Wetter, wenn ich weiß, daß es regnet oder nicht regnet.)
In der Tautologie heben die Bedingungen der Übereinstimmung mit der Welt -- die darstellenden Beziehungen -- einander auf, so daß sie in keiner darstellenden Beziehung zur Wirklichkeit steht.
(Der Satz, das Bild, das Modell, sind im negativen Sinne wie ein fester Körper, der die Bewegungsfreiheit der anderen beschränkt; im positiven Sinne, wie der von fester Substanz begrenzte Raum, worin ein Körper Platz hat.)
Die Tautologie läßt der Wirklichkeit den ganzen -- unendlichen -- logischen Raum; die Kontradiktion erfüllt den ganzen logischen Raum und läßt der Wirklichkeit keinen Punkt. Keine von beiden kann daher die Wirklichkeit irgendwie bestimmen.
(Gewiß, möglich, unmöglich: Hier haben wir das Anzeichen jener Gradation, die wir in der Wahrscheinlichkeitslehre brauchen.)
Das heißt, Sätze die für jede Sachlage wahr sind, können überhaupt keine Zeichenverbindung sein, denn sonst könnten ihnen nur bestimmte Verbindungen von Gegenständen entsprechen.
(Und keiner logischen Verbindung entspricht keine Verbindung der Gegenstände.)
Tautologie und Kontradiktion sind die Grenzfälle der Zeichenverbindung, nämlich ihre Auflösung.